Überlandeinweisung

Auf gehts!
Schwandorfer Seenlandschaft
Cumulus voraus
Aus der Traum
Landefeld mit Windanzeige
Regenbogen
Der Werkstattleiter bringt seine Begeisterung zum Ausdruck
Die Flächen sind schon ab!
Der Rumpf wird verstaut
Was fehlt hier?

...oder auch: Das erste mal aufm Acker

Es war Freitag Mittag, mitten in der Flugwoche. Hendrik, Ralph und ich hatten am Dienstag zuvor unsere Theorieprüfung erflogreich hinter uns gebracht nun konnten wir also unsere 50km angehen. Doch der Ausbildungsnachweis verlangt vorher noch eine Überlandeinweisung mit Fluglehrer.

Das Wetter an diesem Tag war zwar alles andere als bombastisch, für den Nachmittag waren vereinzelt Schauer angekündigt, doch ein unerschrockener Dieter Heining meinte „naja probier mers“. Und so saßen wir nach Verstauen aller Papiere, Verpflegung und bewaffnet mit Photoapparat kurz darauf auch schon abflugbereit in der ASK21. Nach dem Ausklinken in etwa 600m und kurbeln bis auf 800m galt es ein Ziel zu bestimmen. Dieter hatte eigentlich vor, mich am südlichen Rand des ED-R entlang navigieren zu lassen, doch von Südwesten her schob sich eine ordentliche Abdeckung wie ein gewaltiges UFO über uns und die Umgebung, so dass uns als einziger Ausweg die Flucht nach vorne blieb, wenn wir ansonsten nicht direkt wieder am Ottenberg hätten landen wollen – und das wollten wir nicht.

So steuerte ich erstmal ostwärts, grober Kurs Amberg, hauptsache raus aus der toten Luft. Über Lauterhofen hatten wir uns einen kleinen Vorsprung erflogen wodurch wir den nächsten brauchbaren Bart nutzten um wieder Höhe zu tanken. Weiter ging es über Kastl, wo ich zum ersten mal erstaunt festellen konnte wie gut man sich anhand markanter Stellen wirklich orientieren kann. Wir flogen an Ursensollen vorbei, ohne großen Höhenverlust, direkt nach Amberg wo wir erneut einen guten Bart fanden. Ohne viel Zeit zu verlieren ging es weiter in Richtung Schwandorf. Dort hatten wir mittlerweile aber schon wieder ganz ordentlich an Höhe verbraucht und ich beschäftigte mich nun verstärkt mit dem Gedanken einer möglichen Außenlandung. Dieter hoffte dass uns die Höhe bis hinter Schwandorf reicht um es auf den dortigen Flugplatz zu schaffen, das wäre ihm deutlich lieber als ein Acker gewesen doch keine Chance, wir krebsten vor Schwandorf bereits in 300m Höhe und ich hatte schon einen Acker ausgemacht als plötzlich beim überfliegen eines der kleinen Gewässer das Vario geringfügig in den positiven Bereich zuckte. Das Gelände in der Gegend kann man nicht gerade als ideal landbar bezeichnen auf den ersten Blick fallen einem zwar die vielen Felder auf die es dort gibt, jedoch erst bei genauerem Hinsehn bemerkt man die vielen vielen Überlandleitungen mitsamt ihrer Masten die dort Kreuz und quer verlaufen – man könnte fast auf den Gedanken kommen dass hier mal ein Kraftwerk gestanden haben könnte.. ;-) Dieter hatte längst die Ruder übernommen und steuerte uns in 250m Höhe (­­über Ottenbergniveau) mit so langsamen und weichen Ruderausschlägen dass man meinen konnte er wolle die Thermik streicheln um sie sanft zu stimmen und uns doch wieder steigen zu lassen. Und so unglaublich es auch klingt nach 10 Minuten Streichelei bewegte sich die Nadel des Höhenmessers wie in Zeitlupe Meter für Meter nach oben.

Nach etwa einer halben Stunde waren wir wieder auf 600m und das laue Lüftchen entwickelte sich nach oben hin zu einem für diesen Tag ordentlichen Bart mit 2m/s Steigen worauf Dieter meinte man muss auch mal warten können und in so einem Ding parken, wenn die Sonne wieder auch nur ein paar Minuten reinscheint kanns wieder gehn – ich war beeindruckt. Nachdem wir uns nun wieder auf 1100m Höhe gekurbelt hatten sprachen wir über unsere Ziele, in Schwandorf landen wollten wir nun längst nicht mehr, wir wollten heim!. Doch zurück ging nicht, von hinten kam die Abdeckung also flogen wir Südkurs immer der Naab entlang nach Kallmünz. Doch bereits auf halber Strecke dorthin, noch vor Teublitz, stellte sich uns ein Riesiger flacher Teller von Abdeckung in den Weg worauf wir uns abermals berieten. Das schönste wäre der direkte Heimweg gewesen was das ganze noch verlockender machte war die Tatsache dass mitten im ED-R natürlich noch ein dicker Blumenkohl stand der bestimmt ordentlich gezogen hätte aber Sperrgebiet bleibt Sperrgebiet..

Ganz hinten am Horizont konnte man hinter der Wolkenschicht ein wenig Sonnenschein erblicken und so wagten wir es einfach darunter durch zu fliegen, möglichst effizient konstant mit 90. Wie durch ein Wunder stellte sich uns mitten in diesem Pfannkuchen der beste Bart des Tages mit 4m/s in den Weg den ich auch sofort auskurbelte bis die Flächenspitze in der Wolkenschicht verschwand, worauf wir sofort weiterflogen. Und siehe da am südöstlichen Eck des Luftraums, über Kallmünz, waren wir unter der Suppe durch. Plötzlich ein Ruf im Funk:“D-4816 D-KOSN“ Sebastian war im Mose unterwegs, fragte nach unserer Position und äußerte auf unsere Antwort hin seinen Respekt über unsere Leistung und erwähnte nebenbei dass es über dem Ottenberg bereits regnet.

Von nun an hieß es nichts wie heim, an der A3 entlang Richtung Parsberg. Wir hatten zwar noch komfortable Höhe doch die Luft war jetzt absolut tot. Dieter meinte zum ersten mal dass wir wohl nicht mehr heimkommen werden es sei denn einer der Hügel bei Parsberg, die ihm schon oft den letzten Bart beschert haben, zieht nochmal. Zwischenzeitlich spürte ich ein leichtes krabbeln an meinem Bein und stellte mit Verwunderung fest dass mich beim Blick in Richtung Steuerknüppel eine Maus mit ihren großen Kulleraugen anglotzt, die in dem Moment wahrscheinlich ebenso perplex über die Situation war wie ich. Bis ich das ganze realisieren konnte war sie auch schon wieder im Rumpf des Seglers verschwunden.

Nachdem wir nun die Hügel bei Parsberg überflogen hatten und sich nicht das geringste Lüftchen auftat ließ ich meine Blicke wieder verstärkt über den Boden wandern. Als sich auch 2km weiter am nächsten Hügel nichts tat suchte ich mir in etwa 300m Höhe ein braunes Landefeld aus („braun vor grün“) hinter dem sich ein Windrad befand dass Wind genau auf der „Bahn“ prophezeite und welches zudem auch noch anstieg. Der Anflug war frei von Hindernissen, lediglich eine Hauptstraße verlief in einiger Entfernung quer dazu. Dieter äußerte sich erfreut über den Umstand dass dahinter ein kleiner Weg zu sein schien wodurch man sogar gut mit dem Hänger ran käme. So flog ich parallel zum Landefeld in Landerichtung über den danebenliegenden Hügel in der Hoffnung dort vielleicht doch noch in einen thermischen Aufwind zu stolpern, das Vario zuckte dabei sogar mal nach oben, blieb jedoch die ganze Zeit im negativen Bereich weshalb ich mich zur Landung entschloss und 180° in den rechten Gegenanflug drehte.

Das Feld besser gesagt der Acker lag genau Querab, war frei von Hindernissen und doppelt so breit wie unsere Landebahn am Ottenberg. Ich hatte Sebastians Worte im Ohr:“Beim Anflug zu einer Außenlandung lass dir Zeit, mach eine saubere Platzrunde, schau dir dein Feld an, du hast Zeit." So flog ich ein paar Grad links, bis über die Hauptstraße drehte wie gelernt in den nun noch etwas verlängerten Queranflug und drehte schließlich auf der Centerline zum Endanflug. Der Acker lag vor mir ich zielte auf die Schwelle, fing ab als ich von hinten hörte „Klappen nei.. lass nern na fliegn“ warum das? Soo lang war der Acker nun auch nicht! „Da hinten is der Weg willst du so weit schieben?“ Ähm naja nööö.. ich schob also wie befohlen die Klappen immer weiter rein doch irgendwann streifte das Spornrad am Boden, das Hauptrad setzte auf, es rumpelte ein wenig und ehe ich ans bremsen denken konnte standen wir. Bremsweg: 5m, wow! Ich hätte nie gedacht dass es einen so in die Gurte drückt wenn man auf so einem weichen Boden landet!

Da saßen wir nun also, sicher gelandet auf unserem Acker, 500m nördlich einer kleinen Ortschaft namens Eichenhofen. Lediglich die Verkleidung des Hauptrades hat das tiefe Einsinken während der Landung nicht unbeschadet überstanden aber da war sowieso schon länger eine neue fällig :-D Ehe wir uns versahen kam auch schon ein Auto angefahren dessen Fahrer uns fragte ob es uns gut ginge.. dass wir aber nochmal mächtig Schwein gehabt hätten, ob uns der Wind ausgegangen wäre (ich hatte früher schon gehört dass diese Frage jedes mal käme, es bis dahin aber nie geglaubt). Nach kurzer Zeit des Wartens kamen auch schon unsere Helfer Sebastian, Ralph und Kurt die uns mittels GPS und auf den letzen Metern mittels Sprechfunknavigation schnell fanden und sofort sehr erfreut drüber waren dass unser Landefeld derart gut "gedämpft" war ;-) Die K21 war trotzdem schnell abgerüstet und im Hänger verstaut so dass wir kurz darauf den Weg zurück zu den wartenden Kameraden am Ottenberger antreten konnten - denen konnten wir was erzählen..

Und die Moral von der Geschicht: wenn du mal einen außengelandeten Segelflieger auf einem Acker triffst, frag nicht ob ihm der Wind ausgegangen ist :-)

Marcel - 03.08.2007